Pokhara, Nepal, 1.400 m ü. NN, 18:30, Pullover Wetter, so 15°C
Julian und ich haben Hunger. Den ganzen Tag waren wir draußen. Wir sind über einen kleinen See gerudert und anschließend am anderen Ufer stundenlang herumspaziert. Hierzulande würde man das Wandern nennen. Nicht so in Nepal. Umgeben von Extremsportlern, die die ganz großen Berge bezwingen, kommen unsere Touren uns eher wie Spaziergänge vor. Durchgeschwitzt waren wir am Ende trotzdem.
Immer noch hungrig frage ich Julian: “Gehen wir zur Koreanerin? Die in der Garage?”
Julian: “Ja gerne. Ich habe Lust auf was Neues”
Ich muss lachen.
An den letzten drei Abenden waren wir ebenfalls in der kleinen Garage. Auf erschreckende Weise ähnelt die einer deutschen Wohnbausiedlung. Nicht, dass Fahrräder an der Wand hängen und der Weber Grill in der Ecke steht... Nein, eigentlich nur, weil das Garagen Tor ein und dasselbe ist wie das der Nachbar meiner Eltern. Der kleine Verschlag bietet Sitzplätze für etwa 20 Gäste.
Wir waren immer alleine hier. Ja ja, ich weiß, dass man nicht dort essen soll, wo sonst niemand isst. Aber egal, es war billig, mega lecker und keinem von wurde übel. Es sind einfache graue, unverputzte Wände, an denen Poster wie in unseren Jugendzimmern hängen. Das Tor steht offen und wir sitzen auf improvisierten Bänken ganz vorne an der “Einfahrt”.
Auf der anderen Straßenseite ist eine große, verrammelte Holz-Box zu sehen. Bestimmt zwei Meter hoch und drei breit. Die quadratische Aussparung auf Brusthöhe ist mit einem Metallgitter versehen. Die Box ist eigentlich ein Kiosk. Die Hand, die das Geld entgegen nimmt und wieder hinter dem Gitter verschwindet, reicht kurz darauf Coca Cola, Bier oder Chips heraus.
Entweder erkennt sie uns nicht wieder oder sie lässt es sich nicht anmerken. Nun gut, wir weißen Langnasen sehen ohnehin alle gleich aus. Wir kriegen dieselbe Speisekarte wie jeden Abend in die Hand gedrückt. Alle Gerichte in koreanischer Sprache, vereinzelt Worte auf Englisch und noch weniger Brocken Französisch... natürlich ohne Bilder. Es sind etwa 10 Gerichte. Was viel erscheint, denn wenn ich einen Blick in ihre “Küche” werfe, entdecke ich neben drei Plastikeimern, exakt ein Brett sowie einen Wok auf einer Feuerstelle. Es ist aber auch egal, seit drei Tagen bestellen zeigen wir stets auf den selben Eintrag auf der Speisekarte: Schweinefleisch mit Ingwer und Knoblauch.
Einmal habe ich stattdessen Huhn bestellt. Mit Ingwer und Knoblauch, versteht sich. Das Huhn wurde anschließend durch die Garage gejagt, geschlachtet und dann ausgesprochen frisch zubereitet. Ehrlich gesagt ist mir das etwas zu viel Aufwand für ein Abendessen das umgerechnet gerade mal 2 Euro kostet. Und es dauert... Das Huhn ist jedoch nicht das einzige, was unsere Gastgeberin frisch von der Strasse besorgt. Egal welches Getränk wir bestellen, sie trottet über die Strasse und besorgt die Getränke im Holzbox-Kiosk gegenüber.
Abgesehen von meinem Ausrutscher mit dem Huhn haben wir immer wieder das gleiche bestellt... und jedes Mal völlig unterschiedliche Gerichte erhalten. Immer mit den drei Zutaten Schweinefleisch, Ingwer und Knoblauch. Und immer köstlich! Abgesehen davon sind die Zutaten und auch Zubereitungsformen extrem vielfältig.
Heute ist es sehr simpel und wieder super lecker. Die Sojasauce, mit der die drei Zutaten abgelöscht wurden, ist leicht gesüßt und karamellisiert. Keine Bohnen wie gestern. Nicht so scharf wie beim ersten Mal. Aber wieder super.
Danke liebe Unbekannte für Deine Kreativität und soviel Vielfalt.
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Toni (Samstag, 15 August 2020 17:09)
Das klingt wirklich super - ich wäre gerne dabei gewesen!
maren (Sonntag, 16 August 2020 16:06)
man bekommt richtig hunger , wenn man diesen text liest ---- was die begabte köchin wohl mit dem restlichen hühnerfleisch gemacht hat ?
Julian (Montag, 17 August 2020 17:49)
Vielen Dank. Uns läuft auch jedes Mal das Wasser im Mund zusammen, wenn wir daran zurück denken. :)
Ich bin mir absolut sicher, dass das Huhn zu nahezu 100% verwertet wurde.